Manuskripte 2025

Kirchentag in Hannover

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Sperrfrist
Sa, 03. Mai 2025, 19.00 Uhr

Sa
19.00–21.00
Dolmetschung ins Englische
Hauptpodien | Hauptpodium
Wir können mutig sein
Über Zivilcourage in einer gnadenbedürftigen Zeit
Redemanuskript auf deutsch

Wir können mutig sein: Über Zivilcourage in einer gnadenbedürftigen Zeit

Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben.
Johannes 3:11

Als Christen besteht unser größter Beitrag für die Welt darin, dass wir durch Gottes Gnade so sind, wie wir sind.
Amerikanischer Religionssoziologe, Robert Bellah

Ich danke Ihnen, liebe Freunde in Christus, für Ihren herzlichen Empfang und die Einladung, an dieser außergewöhnlichen Versammlung von Christen teilzunehmen. Ich fühle mich geehrt, unter Ihnen zu sein.

Ich komme im Geiste der Freundschaft und überbringe Grüße von vielen in den Vereinigten Staaten, die Ihre Freunde, ja, Ihre Verwandten sind.

Wie viele Amerikaner bin auch ich europäischer Herkunft. Meine Mutter, Ann Björkman, ist als junge Frau aus Schweden eingewandert. Alle meine Verwandten mütterlicherseits leben in Schweden und Nordeuropa. Mein Vater wurde als Sohn einer jungen irischen Frau aus der Arbeiterklasse geboren, die ihn zur Adoption freigab, und er wuchs in einer Familie englischer und schottischer Abstammung auf - den Belknaps und den Edgars. Die Familie meines Mannes väterlicherseits stammt aus Deutschland und wanderte Mitte des 19. Jahrhunderts in die USA ein (daher unser Nachname Budde). Die Familie seiner Mutter, die Mahoneys, floh während der großen Hungersnot aus Irland.

Wir sind eine Familie.

Ich gehöre zu den zahllosen Amerikanern, die dankbar sind für die familiären Bindungen, die gemeinsamen Werte und das Bündnis zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Diese Bindungen wurden in der Vergangenheit auf die Probe gestellt, und wir sind uns sehr wohl bewusst, dass sie auf der Ebene der öffentlichen Politik durch eine dramatische Neuordnung der politischen Macht in den Vereinigten Staaten und eine entsprechende Verschiebung der Werte und Allianzen auf eine harte Probe gestellt werden. Ich bin unter anderem hier, um Ihnen zu versichern, dass nicht alle Amerikaner diesen Wandel unterstützen. Viele von uns sind untröstlich über das, was in unserem Namen in der Welt gesagt und getan wird.

Auch in den Vereinigten Staaten sind wir mit dem Trauma der Geschehnisse in unserem Land konfrontiert. Tausende von Beamten haben ihre Arbeit verloren. Ganze Regierungsstellen werden abgebaut. Eine aggressive Abschiebungsstrategie gegen Migranten ist im Gange, und fast alle Möglichkeiten für Menschen, legal einzuwandern, wurden geschlossen. Wir sind Zeugen einer Missachtung der Rechtsstaatlichkeit durch diejenigen, die gewählt und bevollmächtigt wurden, um das Gesetz aufrechtzuerhalten. Und der Präsident hat gerade einen Bundeshaushalt vorgeschlagen, der die staatlichen Investitionen in den Bereichen, in denen wir sie am dringendsten brauchen - Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnungsbau und medizinische Forschung - drastisch kürzen würde.

Viele dieser Änderungen wurden, zumindest theoretisch, von der Mehrheit der Amerikaner unterstützt, die bei den Wahlen im letzten Jahr gewählt haben. Die Mehrheit hat nicht nur für Präsident Trump gestimmt, sondern seiner Partei auch die Kontrolle über alle Zweige der Bundesregierung übertragen.

Deshalb bitte ich Sie um Ihr Gebet, während die Christen in den Vereinigten Staaten und alle Menschen guten Willens und guten Glaubens darüber nachdenken, wie wir in einer Zeit, die der Gnade so sehr bedarf, couragiert leben können. Ich versichere Ihnen, dass wir auch für Sie beten.

***

Eine der größten Herausforderungen in den Vereinigten Staaten ist heute das, was ich als eine Kultur der Verachtung bezeichnen würde, die hasserfüllte Äußerungen normalisiert hat und zu Gewalt ermutigt. Die Kultur der Verachtung verzerrt die Wahrheit und behindert unsere Fähigkeit, sinnvolle Gespräche über unsere sehr realen Unterschiede hinweg zu führen. Wir sind tief gespalten, und die Intensität dieser Polarisierung und die Kultur der Verachtung, die sie aufrechterhält, droht uns zu zerstören. Sie wird aktiv von denjenigen innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten gefördert, die finanziell und politisch von unserer Spaltung profitieren.

Das christliche Zeugnis in den Vereinigten Staaten ist ebenfalls gespalten, denn wir sind ein Teil des Landes, in dem wir leben. Wir sind im gesamten Spektrum politischer Loyalitäten und gesellschaftlicher Gegensätze gut vertreten. Wir stehen unter dem gleichen Druck wie alle anderen, und wir begehen viele der gleichen Sünden.

Daher ist es für christliche Führungspersönlichkeiten unerlässlich, in der Gesellschaft, in der wir leben, in Demut zu sprechen und zu handeln, denn wir bedürfen der gleichen Vergebung, Barmherzigkeit und Gnade, die wir von Gott aufgerufen sind, für andere zu verkörpern.

In einer Zeit, die der Gnade Gottes und des Mutes der Menschen bedarf, müssen wir uns also zuerst fragen: Wohin wenden wir uns als Menschen des Glaubens, wenn wir uns entmutigt, orientierungslos und überfordert fühlen? Was ist die Quelle unserer Kraft und das Licht, das unseren Weg erhellt? Was ist, mit anderen Worten, unser Nordstern?

 

Der astronomische Nordstern ist ein Fixpunkt am Nachthimmel. Unsere Vorfahren verließen sich bei der Navigation auf ihn, weil er in der nördlichen Hemisphäre konstant bleibt und den geographischen Norden markiert. Seine Beständigkeit macht ihn zu einem Instrument der Orientierung. Metaphorisch gesehen ist unser Nordstern das, was uns hilft, uns zu orientieren, wenn wir uns nicht sicher sind, was vor uns liegt. Er symbolisiert alles, was uns ein Gefühl für Richtung und Ziel gibt, das uns in orientierungslosen Zeiten vorwärts bringt.

Für die Christen unter uns sind das Leben und die Lehren Jesu unser Nordstern. Im privaten und öffentlichen Leben sollen wir ihm folgen.

Und der Nordstern von Jesus war die prophetische Tradition des alten Israel.

Nach dem Lukas-Evangeliums begann Jesu öffentliches Wirken damit, dass er spürte, wie der Heilige Geist wie eine Taube auf ihn herabkam, als er nach der Taufe durch Johannes aus dem Wasser aufstieg.

Derselbe Geist führte ihn durch eine Zeit der Prüfung und Versuchung in der Wüste. Danach kehrte er in seine Heimatstadt Nazareth zurück, und in der Synagogengemeinde, die ihn aufzog, erklärte er sich zur Erfüllung der Worte, die der Prophet Jesaja Jahrhunderte zuvor geschrieben hatte:

Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen; 2 zu verkündigen ein gnädiges Jahr des HERRN. Jesaja 61:1-2

Jesus verstand seine Aufgabe im Lichte der höchsten gemeinschaftlichen Visionen des Propheten von Gleichheit und Gerechtigkeit. Um eine Formulierung aus der römisch-katholischen Soziallehre zu entlehnen, hatte Jesus von Anfang an "eine vorrangige Option für die Armen".

Wie die verstorbene christliche Autorin Rachel Held Evans oft zu sagen pflegte: "Jesus ist nicht nur gekommen, um für uns zu sterben. Er kam, um für uns zu leben." Er kam, um uns zu zeigen, wie man lebt und wie man liebt.

Daher glaube ich, dass in unserer turbulenten Zeit unser größter Beitrag als Christen darin besteht, von dem zu sprechen, was wir wissen, und zu bezeugen, was wir gesehen haben. Noch wichtiger ist, dass wir so gut wie möglich nach den höchsten Bestrebungen der Menschheit leben, die uns in Jesus offenbart wurden:

die jedem Menschen innewohnende, gottgegebene Würde anzuerkennen
unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst und sogar unsere Feinde zu lieben 
das, was wir haben, zu teilen und eine gerechte und ausgewogene Gesellschaft anzustreben 
sich des Bösen zu enthalten und den Hass abzulehnen
auf die Macht unserer Worte zu achten und ohne Bosheit oder Verachtung zu sprechen 
zu vergeben, wie uns vergeben wurde
in der Hoffnung zu leben
bereit zu sein, um der Liebe willen Opfer zu bringen, sogar unser eigenes Leben.

Das ist unsere Berufung als Christen, eine Berufung, die wir niemals aus eigener Kraft erfüllen können, sondern nur durch die Liebe und Barmherzigkeit Christi, die in uns leben.

Wie der Apostel Paulus schrieb: (und dies ist ein Leittext für mein Leben)

"Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen. 6 Denn Gott, der da sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass die Erleuchtung entstünde zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, auf dass die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns." 2. Korinther 4:1;4-7

***

In den Vereinigten Staaten wird das christliche Zeugnis durch eine aufstrebende, politisch mächtige Bewegung erschwert, die als christlicher Nationalismus bekannt ist. Sie ist die größte Bedrohung für das Zeugnis der Kirche heute.

Obwohl der Begriff "christlicher Nationalismus" relativ neu ist, handelt es sich nicht um ein neues Phänomen. Es hat seine Wurzeln in der Gründungsmythologie unserer Nation: dass wir als christliche Nation gegründet wurden, auf christlichen Prinzipien beruhend und von weißen Männern aufgebaut. Es hält die Vorstellung aufrecht, dass wir als Land eine einzigartige Gunst bei Gott haben, die sich in unserem Wohlstand widerspiegelt. Ihre Ideologie ist rassistisch - insbesondere die „White Supremacy“, die der weißen Vorherrschaft - und lehnt die Fähigkeiten von Frauen in Führungspositionen oder im öffentlichen Leben ab.

Die derzeitige Form des christlichen Nationalismus ermutigt seine Anhänger, sich selbst als ständigen Angriffen durch die Übel der säkularen Gesellschaft ausgesetzt zu sehen und zu glauben, dass die Regierung den Vorrang des Christentums, wie sie es verstehen, schützen muss. Es handelt sich jedoch um eine Ausprägung des Christentums, die wenig Ähnlichkeit mit Christus hat. Der christliche Nationalismus ist fest mit den Zielen der derzeitigen Regierung verbunden und ist einer der vielen Einflüsse, die unser Land in Richtung Autoritarismus bewegen.

Aber wenn die Reaktion auf meine Predigt vom 21. Januar irgendetwas gezeigt hat, dann, dass das Bekenntnis zu einem Glauben, der in Barmherzigkeit, Würde, Ehrlichkeit und Demut verwurzelt ist, wie Wasser in der Wüste für dürstende Seelen ist.

Die Dankbarkeit von Christen und Nichtchristen gleichermaßen hat in mir das Gefühl der Verantwortung geweckt, eine christliche Weltanschauung zu fördern und zu verbreiten, die das höchste der menschlichen Bestrebungen zu fördern sucht, das, was Jesus das Himmelreich nannte und Dr. Martin Luther King Jr. die „Beloved Community“ (geliebte Gemeinschaft) nannte. Es hat mir die Hoffnung gegeben, dass wir als Christen einen entscheidenden Beitrag als Träger von Hoffnung, Möglichkeitsräumen und Wahrheit leisten können.

Obwohl ich durch und durch Christin bin, lehne ich die christlich-nationalistische Vision ab, dass Christen dazu berufen sind, die Gesellschaft, in der wir leben, zu dominieren. Wenn Christen sich im zivilen Diskurs und im öffentlichen Leben engagieren, dann muss dies im Dienst aller Menschen geschehen und in Respekt und mit tiefer Wertschätzung für die vielen Wege, auf denen das heilige Geheimnis, das wir Gott nennen, über Zeit und Kultur hinweg offenbart und erfahren wurde.

Die Vielfalt der Menschheit und der gesamten Schöpfung zeigt, dass Gott die Vielfalt liebt. Es gibt nichts Mächtigeres, als wenn Angehörige verschiedener Religionen eine gemeinsame Sache zum Wohle aller finden: man denke an Martin Luther King, Jr. inspiriert von Ghandi; die Freundschaft zwischen Erzbischof Demond Tutu und dem Dalai Lama, die interreligiösen Allianzen in diesem Land und auf der ganzen Welt zeigen uns, dass wir in der Tat in Solidarität zusammenleben und uns gemeinsam für das Wohl aller Kinder Gottes einsetzen können. Wir können und wir müssen.

Ich glaube auch, dass wir aufgerufen sind, unseren Teil dazu beizutragen, diejenigen zu stoppen, die entschlossen sind, die Institutionen zu demontieren, die Leitplanken unserer Demokratie zu zerstören und genau die Trends zu beschleunigen, die wir umkehren müssen, damit die menschliche Spezies überleben kann.

***

Die Frage, die mir in meiner Zeit in Europa am häufigsten gestellt wurde, ist, warum die amerikanische Bevölkerung still ist und die Maßnahmen der Trump-Regierung scheinbar akzeptiert. Warum sind wir nicht alle auf der Straße? Warum erheben wir nicht unsere Stimme? Warum tun wir nicht mehr?

Diese Frage kann ich nicht abschließend beantworten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich selbst das verstehe. Es stimmt, dass es noch keine zusammenhängende gesellschaftliche Bewegung als Reaktion auf die Veränderungen in unserem Land gibt, was nicht heißt, dass sich niemand wehrt oder Widerstand übt, aber die Bemühungen sind klein im Vergleich zu den desaströsen Schäden.

Lassen Sie mich nur sagen, dass es mir persönlich immer noch schwer fällt, zu akzeptieren, was in unserem Land geschieht. Wir haben es mit vielem zu tun, und was wir brauchen, ist eine breite Koalition, die durch eine gemeinsame Vision vereint ist, die groß genug ist, um uns alle zusammen zu bringen. Wir können nicht zu dem zurückkehren, was wir vorher waren, denn das, was wir vorher waren, hat uns dahin geführt, wo wir jetzt sind.

Wir brauchen eine neue Vision, neue Wege, um unser Land zusammenzuhalten.

Wir können die Träger der Hoffnung sein. Unser Glaube ist ein Glaube der Hoffnung, der niemals die Macht des Bösen und des Todes leugnet und dennoch bekräftigt, dass der lebensbejahende Geist Gottes immer am Werk ist, um Gutes zu bewirken. Die Samen der neuen Möglichkeiten, die für uns jetzt noch unsichtbar sind, sind bereits in den Boden unseres Lebens gepflanzt worden und schlagen langsam Wurzeln. Aus der Asche dessen, was verloren ist, wird neues Leben entstehen.

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Würden die Geistlichen in diesem Raum bitte ihre Hände heben? Wie Sie stehe ich fast jeden Sonntag auf einer Kanzel und versuche, ein Wort der Hoffnung zu verkünden. Wie Sie, studiere ich zur Vorbereitung unsere heiligen Texte, denke über die Welt und unseren Platz in ihr nach und beachte dabei die besondere Gemeinschaft, zu der ich sprechen werde.

Im Mittelpunkt dieser Praxis der geistlichen Führung steht diese grundlegende Frage. Was hat Gott uns jetzt zu sagen?

Unsere Texte und Traditionen sprechen mit vielen Stimmen und Perspektiven. Aber die stärkste, klarste und konsequenteste Botschaft derer, die von Gott gesandt sind oder in Gottes Namen sprechen, ist diese: Fürchtet euch nicht, denn ich bin mit euch.

Es ist kein Versprechen auf Rettung, obwohl es Geschichten von Rettung gibt und ich mich jetzt nach einer solchen sehne. Es hat den Hauch von Züchtigung, aber wir müssen es nicht als solches hören, sondern eher als eine Erinnerung daran, dass wir uns in unserer Angst an Gott wenden und die Beruhigung und Gnade von Gottes Gegenwart suchen können.

Wenn wir uns nach mehr sehnen, können wir uns nur schwer vorstellen, wie Gottes bloße Gegenwart ausreichen könnte. Bis sie alles ist, was wir haben – und durch Gnade genug ist. Bis sie alles ist, was wir haben, und durch Gnade, wird das genügen.

Was hat Gott uns sonst noch zu sagen?

Der christliche Glaube gründet sich auf eine einfache Prämisse: dass alle Menschen von Gott geliebt sind. Die Worte, die Jesus bei seiner Taufe hörte: " Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe", gelten für uns alle.

Als der Apostel Paulus schrieb, dass uns nichts von der Liebe Gottes in Christus Jesus trennen kann, hat er das auch so gemeint. Das bedeutet nicht, dass wir immer in liebevoller Weise handeln. Wenn wir andere oder uns selbst nicht wie die Geliebten Gottes behandeln, ändert das nichts an der Liebe Gottes zu uns.

Und schließlich sind unsere heiligen Texte voll von Geschichten über gewöhnliche Menschen, die zu außergewöhnlichen Dingen berufen werden, für die sie nicht ausgerüstet und vorbereitet sind. Was ich in diesen Geschichten und in meinem eigenen Gebetsleben höre, ist dies: Biete an, was du hast.

Was wir anzubieten haben, sind wir selbst. Denken Sie an die Jünger Jesu, die nur ein paar Brote und ein paar Fische hatten, mit denen sie eine große Menge speisen konnten. Ihre Gabe reicht nicht annähernd aus, um den Bedarf zu decken, aber Jesus bittet sie trotzdem um ihre Gabe und gibt ihnen dadurch genug zu essen für alle, so dass noch etwas übrig bleibt.

Dies sind einige der Worte, an denen ich mich festhalte, wenn ich Gnade brauche, in einer Zeit, in der Mut gefragt ist, und ich biete sie Ihnen an:

Hab keine Angst.
Du bist Gottes geliebtes Kind.
Biete an, was du hast.

Ich glaube auch, dass wir in einer Zeit, in der wir Gnade brauchen, in der uns Mut abverlangt wird, etwas zu Gott sagen müssen.

Was sagen Sie zu Gott, wenn Sie beten? Ich sage alle möglichen Dinge - ich kann nicht anders. Ich bete um Hilfe. Um Vergebung. Um Führung, für mich selbst und die, die ich liebe, und für unsere Welt.

Dann folgt oft ein Moment, in dem ich das Bedürfnis verspüre, Gott etwas anderes zu sagen - dass ich hier bin und bereit bin, präsent zu bleiben und mich zu engagieren, auch wenn die Zeiten schwierig sind.

Es gibt eine Geschichte aus dem Johannesevangelium, die von einer Zeit erzählt, in der Jesus gegen Ende seines Lebens betete. Dies ist nicht die bekanntere Geschichte von Jesus im Garten Gethsemane, die in den anderen drei Evangelien zu finden ist, wo er betet, dass der Kelch des Leidens möglichst an ihm vorübergeht. In diesem Bericht befindet sich Jesus in Bethanien, einem kleinen Dorf außerhalb von Jerusalem, wo er sich auf seinen endgültigen Einzug in Jerusalem vorbereitet.

Dies ist sein Gebet:

„Jetzt ist meine Seele voll Unruhe. Und was soll ich sagen? Vater, hilf mir aus dieser Stunde? Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen!" Johannes 12:27-28

Wenn wir mit dieser Art von Entschlossenheit beten, sagen wir im Grunde genommen zu Gott,
"Wir sind hier. Für diese Stunde sind wir gekommen. Was auch immer geschieht, wir sind hier. Und wir werden unser Bestes tun, um  deinen Geist auf jede erdenkliche Weise zu verkörpern."

Jetzt bitten wir Gott nicht darum, etwas zu ändern, was nicht geändert werden kann. Vielmehr versichern wir Gott und einander, dass wir nicht weichen werden, egal was passiert.

Wir sind hier. Dies ist unsere Zeit, Gottes Volk auf dieser Erde zu sein. Mit Gottes Gnade und Kraft werden wir uns diesem Moment stellen.

Ich glaube an die angeborene Fähigkeit des Menschen, enorme evolutionäre Sprünge zum Guten zu machen. Unsere Vorfahren haben in der Vergangenheit das scheinbar Unmögliche geschafft, und wir können es auch jetzt tun. Es ist dieses Potenzial, zu dem Gott uns ruft.

***

Ein letzter Gedanke zu dem, was wir Gott und uns selbst in diesem Moment sagen werden. Aus unserem Taufversprechen: Wir werden die Würde eines jeden Menschen achten.

In einer Kultur der Verachtung werden wir mit Würde sprechen. In einer Welt der Gemeinheit werden wir mit Freundlichkeit und Liebe handeln. In einer Zeit, in der die Versuchung groß ist, zynisch und verzweifelt zu sein, werden wir in der Hoffnung leben.

Dies ist eine Zeit, in der wir als Christen an so vielen Orten wie möglich präsent sein und anbieten sollten, was wir zu geben haben. Es ist eine Zeit für uns, in die Dinge zu investieren, an die wir glauben; wenn wir schon keinen gemeinsamen Grund mit denen finden, mit denen wir nicht übereinstimmen, so doch zumindest eine gemeinsame Basis mit allen, die sich aus unterschiedlichen Gründen für gemeinsame Ziele einsetzen. Als Nachfolger Jesu müssen wir für das angeborene Geliebtsein und die Würde der anderen eintreten.

Um dies zu tun, müssen wir täglich in unserem eigenen Geliebtsein verankert sein, aus den Quellen der Liebe Gottes zu uns schöpfen und täglich um Weisheit, Kraft und Gnade beten. Denn es steht viel auf dem Spiel und der Erfolg unserer Bemühungen ist nicht sicher.

Aber für Christen ist Hoffnungslosigkeit keine Option - nicht wegen uns, sondern wegen der Tatsache, dass Christus in uns wohnt und unsere letzte Hoffnung auf unsere wahre Heimat in der Liebe Gottes ist. Wir haben unseren Nordstern. In diesem Glauben gehen wir weiter. Es geht jetzt um uns. Für diese Stunde sind wir hier.

Geht hinaus, liebe Freunde in Christus, und seid durch Gottes Gnade, wer ihr seid.


Text wie von Autor/in bereitgestellt. Es gilt das gesprochene Wort.
Veröffentlichung nur mit Genehmigung der Verfasserin/des Verfassers.