Mut und Menschlichkeit: Kanzler Scholz im Gespräch
Podium

Über Zuversicht und Zusammenhalt in schwierigen Zeiten sprach Noch-Kanzler Olaf Scholz mit der NDR-Journalistin Christina von Saß.
Das Gespräch stieß auf reges Interesse bei den Kirchentagsteilnehmenden.
Ohne Zuversicht könnten wir gar nicht leben, verdeutlichte der SPD-Politiker. Mutig, stark, beherzt – das seien die Voraussetzungen dafür. Viele Situationen habe es gegeben, in denen er selbst mutig, stark, beherzt war. Der Mut, Entscheidungen zu treffen – das gehöre zu einer solchen Führungsaufgabe dazu. Auch, wenn man nicht immer wüsste, wie diese ausgehen würden.
Scholz, der selbst aus der Kirche ausgetreten ist, hielt sich, gefragt nach den Gründen, bedeckt. Das sei für ihn eine „philosophische Frage“, die er bereit sei, im höheren Alter zu beantworten.
Als wichtigste Errungenschaft des Christentums betrachtet er die Entdeckung der Menschlichkeit. Vom Kirchentag könne man lernen, dass es einen Unterschied macht, ob wir uns füreinander einsetzen.
Aus Wohlstand ergebe sich Verantwortung, betonte Scholz. Klimaschutz, Krieg und Frieden, Flüchtlingsbewegungen – das alles seien Themen, bei denen es auf Haltung und Menschlichkeit ankomme. Scholz warnte vor Überheblichkeit, es sei wichtig, dass wir untereinander Respekt entwickelten. „Eine Gesellschaft, in der sich diejenigen, die in ein Restaurant gehen, als etwas Besseres empfinden als diejenigen, die das Essen herstellen und an den Tisch bringen, ist eine Gesellschaft, die nicht gut funktionieren kann“, stellte er klar.
Das Erstarken rechter und rechtsextremistischer Parteien habe mit dem Wohlstandsgewinn in den reichen Ländern zu tun.
Auf die Frage, wie junge Menschen mutig, stark, beherzt durch die Welt gehen könnten, wenn sie im Koalitionsvertrag nicht berücksichtigt würden, blieb Scholz eine Antwort schuldig. Er betonte jedoch: „Wir müssen alles tun, dass Menschen wieder Zuversicht haben!“
Für die Forderung: „Jeder soll so leben, wie er möchte, solange er niemanden beeinträchtigt!“, erntete er viel Applaus.
Gefragt, wie er zu Entscheidungen komme, erklärte er: Ohne eigenes Urteil gehe es nicht. Man könne sich mit anderen besprechen, trage aber letztlich selbst für die Entscheidung die Verantwortung. Das Land habe während seiner Kanzlerschaft von vielen Weichenstellungen profitiert, keine davon werde rückgängig gemacht, zeigte sich Scholz zufrieden.
Gerade bei Sachen, von denen alle betroffen seien, müsse man aber auch realistisch bleiben. Stolz verwies er darauf, dass Deutschland als eines der ersten Länder weltweit klimaneutral wirtschaften werde. Man müsse dabei aber im Blick haben, dass Gebäude und Fahrzeuge damit nicht verschwänden und hierfür eine Lösung gefunden werden müsse.
Auf die Publikumsfrage, wie lange man eigentlich beherzt Berufspolitiker sein könne, antwortete Scholz: Solange man wirklich beherzt dabei sei.
Im Anschluss nahm sich der scheidende Bundeskanzler Zeit für einen Gang über den Markt der Möglichkeiten und tauschte sich bei seinem letzten großen Termin mit Jugendlichen, Kirchenvertreter*innen und Kirchentagsorganisator*innen aus.
Schon gewusst? Die Veranstaltung wurde live gestreamt. Das Video finden Sie im zugehörigen Programmeintrag: Podium/Scholz