Manuskripte 2025

Kirchentag in Hannover

In dieser Datenbank haben Sie die Möglichkeit, Redebeiträge vom Kirchentag einzusehen.

Diese Sammlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; wir veröffentlichen alles, was uns die Referierenden zur Verfügung stellen. Die Dokumentationsrechte für ganze Texte liegen bei den Urheber:innen. Bitte beachten Sie die jeweiligen Sperrfristen.

 

Sperrfrist
Sa, 03. Mai 2025, 09.30 Uhr

Sa
09.30–10.30
Bibelarbeiten am Samstag | Bibelarbeit
Bibelarbeit zum Mitsingen
Mut zum Aufbruch | Matthäus 28,1-10
Prof. Dr. Jochen M. Arnold, Theologe und Kirchenmusiker, Bielefeld

Guten Morgen, liebe Geschwister, Freund:innen der Kirchenmusik!

Tauchen wir gemeinsam ein in die Ostergeschichte des Matthäusevangeliums: Hört Worte und Töne. Lasst sie in euch klingen, und wenn ihr mögt, singt selbst mit. Ich freue mich, dass Martina Nawrath, Sopranistin aus Hildesheim mit von der Partie ist.

 

(A) Dunkle Gefühle – Frauen brechen auf

Noch ehe der Morgen dämmert, ist sie wach. Geschlafen hat sie wenig. Die Bilder der letzten Stunden und Tage haben sich tief in ihre Seele eingebrannt. Mirjam heißt sie, wir kennen sie auch als Maria aus Magdala oder Maria Magdalena. „Ich will zu ihm“, sagt sie zu ihrer Freundin. „Was zu einem Toten?“ „Ja, ich muss zu ihm. Bitte kommt mit.“ Mit schweren Schritten, noch müde und abgekämpft vom vergangenen Tag machen sie sich auf den Weg. Bis zuletzt hatten sie gehofft, dass es nicht so weit kommen würde. Aber dann ist es doch passiert. Jesus ist tot. Der Rabbi, der Freund, der Quer- und Vorausdenker, der Prophet Gottes. Ein wunderbarer Mensch – ja vielleicht doch noch mehr als das - wurde von den Römern gekreuzigt. Eine der grausigsten Hinrichtungsarten, die Menschen sich ausgedacht haben.  Sie sind traurig und traumatisiert. Die Schrecken der Gewalt, die Bosheit der Menschen haben sie entsetzt. Ihre Enttäuschung lässt sich nicht in Worte fassen. Ihr Weg geht zu einem Grab, das eigentlich einem reichen Mann gehört: Josef von Arimathia.  Am Abend des Sabbat noch, hatte der Ratsherr, der ein heimlicher Anhänger von Jesus war, ihn in das Grab gelegt, das er für sich selbst hatte anlegen lassen.

Wie klingen diese Gefühle? Vielleicht so: "Ach".  In der Liturgie- und Musikgeschichte ist es oft „O“.

Mitten im 30-jährigen Krieg hat der Jesuit Friedrich von Spee dazu eine Strophe gemacht, die mit einem langen „O“ beginnt: „O“ Traurigkeit. Singen wir gemeinsam nur dieses lange „O“.

Wir hören die erste Strophe: "O Traurigkeit, o Herzeleid" von Martina Nawrath, dann singt die Gemeinde „Trauermarsch - Grablegung“ (Choral EG 80).

Große Gefühle gehören zu dieser Geschichte und auch zu diesem Lied. Ich komme gleich nochmals darauf zurück.

Was lässt diese Frauen aufbrechen? Ich habe den Eindruck: Es ist nicht nur die Trauer, sondern vielmehr die Liebe, die sie antreibt. Das, was ihnen an Kraft und guter Energie geblieben ist nach all der Enttäuschung, werfen sie in die Waagschale und nehmen Herzen und Füße in die Hand. Liebe setzt in Bewegung, Trauer lähmt. Mirjam schießt es durch den Kopf:

„Geliebter Freund, wo bist du, du fehlst mir so. Ich möchte in deiner Nähe sein. Ich mag es einfach nicht glauben, dass du fort bist. Es ging alles so schnell. So gern möchte mich von dir verabschieden.“ 

Menschen, die eine geliebte Person verloren haben, verspüren gerade in den ersten Stunden und Tagen, oft auch noch Wochen, Monate später solche Gefühle. Wenn sie Orte des gemeinsamen Lebens betreten, oder Gegenstände in die Hand nehmen, dann werden die Erinnerungen lebendig. Mit Jesus verbinden die Frauen viele Bilder: seine Gleichnisse vom Himmelreich: vom Senfkorn, vom Sämann… auch seine Feste mit ganz unterschiedlichen Menschen: den Armen und Reichen, Zöllnern und Prostituierten, ja und wie er Kranke gesund machte. Und buchstäblich zum Tanzen brachte…

Erinnerungen voller Liebe. In der Morgendämmerung. Erste Lichtstrahlen hinter dem Ölberg. Noch ist es kalt und zugleich sind da diese Fragen, der nagende Zweifel, auch gegenüber Gott. Ach Gott, warum? Warum nur musste er sterben? Vielleicht haben sie ihn am Kreuz schreien hören: Gott, mein Gott. Warum hast du mich verlassen? ---- Ich stelle mir vor, dass die Frauen auch in einer krassen Glaubenskrise steckten. Womöglich ist ihnen in all der brutalen Gewalt und Menschenverachtung auch ihr Gottvertrauen abhanden gekommen?

Dazu passt die zweite Strophe unseres Chorals. Sie folgt in gewisser Weise der Passion des Matthäus. Dort hatte der römische Hauptmann (Centurio) unter dem Kreuz Jesu gesagt: Wahrlich, dieser Mann ist Gottes Sohn gewesen. Eine kühne Aussage für einen Römer und auch für einen barocken Dichter: O große Not, Gotts Sohn liegt tot. Aber Johann Rist, der das Lied von Friedrich Spee weiterschrieb, hatte im Original sogar noch schärfer formuliert: O große Not. Gott selbst liegt tot. Am Kreuz ist er gestorben. Erst später wurde der Text gebessert in: Gotts Sohn liegt tot. 

Das provoziert uns bis heute: War Gott eine bestimmte Zeit tot? Könnte das wieder passieren? Ein furchtbarer Gedanke. Singen wir gemeinsam Strophe zwei.

Und zuletzt noch eine Emotion: Neben Trauer und Liebe und Zweifel ist da die Furcht. Denn das Grab ist bewacht, bewacht von der römischen Soldateska. Hartgesottene Burschen, denen man lieber nicht begegnen will, und frau schon gar nicht. Den Sympathisant:innen von Hingerichteten drohten strenge Strafen.

Habt ihr Lust Maria Mut zu machen? Ein ganz neues Lied (Liederbuch 17, Liedblatt) ist letztes Jahr entstanden, das ihr in eurem Liederheft habt (Str. 1 und 2 ohne Refrain):

  • Mach dich auf, lass alles ruhen, den Kummer, der dein Herz zerreibt.
  • Lauf hin zum Grab, den Ängsten stell dich, damit dein Mut am Leben bleibt.
  • Mach dich auf, sieh in die Tiefe, denn nur wer hinsieht, der erkennt. Und da wirst du das Leben finden, von dem dich auch der Tod nicht trennt.

 

(B) Die Erde bebt – eine neue Schöpfung kommt ans Licht

In die Tiefe schauen und in der Tiefe das Leben finden. Ja, das haben die Frauen verstanden: am Tiefpunkt ihres Lebens suchen sie ihn. Maria spürt intuitiv, dass gerade in der Trauer und im Kreuz Gott erfahrbar ist. Damit ist sie den Männern voraus. Ja, reden wir von dem, was wir an Genderthemen in dieser Geschichte lesen können:

Während der Evangelist Johannes einen Wettlauf der Jünger Petrus und Johannes zum Grab erzählt, kommen bei Matthäus die Männer zunächst gar nicht vor. Sie scheinen sich aus Angst wegzuducken. Sie sind alle geflohen. Die beiden Frauen dagegen trauen sich etwas. Sie riskieren, von den Soldaten abgewiesen, ja womöglich geschlagen, missbraucht oder gar gefangengenommen zu werden. 

Doch dann erleben sie eine überraschende Wendung. Mutter Erde schaltet sich ein. Unter ihren Füßen wankt und zittert der Boden. 

Ich erinnere mich an die frühen Morgenstunden eines Sonntags Ende der 70 er Jahre, ich war vielleicht 10 Jahre alt. Tische, Stühle wackelten, eine ganze Schrankwand drohte auf mich einzustürzen. Auf der Schwäbischen Alb waren ganze Dörfer verwüstet. Das werde ich nie vergessen.

Ähnliches erleben Menschen auf der Welt immer wieder. In der Türkei oder in Myanmar u.v.a. Aber was wir erleben, ist ja noch viel dramatischer. Es überstürzen sich die Ereignisse im Kosmos. Fast täglich neue Hiobsbotschaften. Das Klima verändert sich. Meere erwärmen sich, Gletscher schmelzen. In den Alpen ist jedes dritte Dorf bedroht, weil buchstäblich Berge und Hügel einstürzen. Schlimmer noch als ein lokales Erdbeben.

Ähnlich beschreibt der Evangelist Matthäus die Ereignisse rund um Kreuz und Auferstehung. Seine Apokalypse ist eine echte Enthüllung: Schon am Karfreitag ist alles anders. Eine Sonnenfinsternis überdeckt die Erde. Menschen stehen aus ihren Gräbern auf. Der Vorhang im Tempel zerreißt. Heiligtum und Welt sind nicht mehr getrennt. Die Grenze zwischen Himmel und Erde ist aufgehoben. Noch mehr jetzt. Steine kommen ins Rollen, Bäume ins Wanken. Der Himmel berührt die Erde und bietet dem Tod die Stirn.

Matthäus will uns sagen: Alles, aber auch wirklich alles, was bisher Bestand hatte, kommt an Ostern in Bewegung und wird buchstäblich auf den Kopf gestellt. Gott tritt auf den Plan und wendet sich seiner Welt neu zu. Schließt sie neu auf. Schöpfung 2.0. Alles reset. Selbst in der Zählung des Kalenders wirkte sich das aus: Der erste Tag der neuen Woche gibt jetzt den Takt an als Vorzeichen einer neuen Welt. Gott gebiert eine neue Schöpfung. Sonntagsfreude kommt auf.  

Das feiern wir jetzt mit dem Gospel The angel rolled the stone away.

Instrumental (und vocal): The angel rolled the stone away; Sister Mary came a running (Arr. Meyer)

 

(C) „Revolutionäre Zustände“ – die Mächtigen liegen am Boden

Gestandene Männer sind sie. Harte Brocken, die nichts und niemand so schnell aus der Fassung bringen kann. Die Soldaten, die das Grab bewachen sollten, waren bei der Kreuzigung des Nazareners sogar beteiligt. Vielleicht haben sie mit zugeschlagen, mitgespottet, ihn bespuckt, und am Ende seine Kleider miteinander geteilt. Doch jetzt, jetzt haben sie echt Schiss. Wenn Grabsteine ins Rollen kommen, die Erde bebt und sich die Verhältnisse zwischen Himmel und Erde  buchstäblich umdrehen, dann kriegen selbst solche Kerle das Fracksausen. Ein grelles Licht blendet sie. Wie ein Blitz. Das Erdbeben verbindet sich mit einer Lichterscheinung.

Und das krasseste: Der scheinbar ohnmächtige Tote, den sie so gequält und gelästert haben,  ist weg. Das Grab ist leer. Sie fürchten sich sehr: nicht nur um ihren Job, sondern um ihr Leben.  Damit sind wir bei der politischen Dimension der Osterbotschaft:

Gewalt behält nicht die Oberhand. Das Unrecht gegenüber dem Gerechten wird von höchster Stelle nicht sanktioniert. Das Gegenteil ist der Fall: Wer gerade noch sicher im Sattel saß, muss damit rechnen zu fallen. Und wer in der Tiefe ist, schwach und mutlos, darf sich dem entgegenstrecken und in die Arme werfen, der vorausgegangen ist.

Singen wir davon mit dem schon intonierten gemeinsamen Lied: Mach dich auf. Aber jetzt auch mit dem Refrain  Und du wirst den Morgen sehen und den Engel auf dem Stein, und der Tod verliert an Schrecken. Jesus selbst wird mit dir sein.  – Ein echtes Auferstehungslied mit aufsteigender Linie. Das zieht nach oben!

Schauen wir einen Moment in die Zeit, in der das Matthäusevangelium entstanden ist. Ungefähr 74 nach der Geburt Jesu. Im Jahr 70, davon wissen wir aus historischen Berichten oder auch von den Bildern eines Triumphbogens in Rom, war Jerusalem samt seinem Tempel von den Römern nach einem Aufstand völlig platt gemacht worden. 

So ist dieser Text die ermutigende politische Botschaft an eine verunsicherte Gemeinde, die ganz viel Not und Zerstörung erlebte (Kiew, Gaza). Sie lautet: Was ihr erlebt, ist nicht das Ende. In all dem furchtbaren Schrecken, in all dem sinnlosen Leiden, ist Gott immernoch und immer wieder wirksam. Ja, an Ostern beginnt eine Umkehrung der (Macht)-Verhältnisse.

Die Caesaren Roms, die Generäle Putins und die Despoten im Stile Trumps und Erdogans haben nur noch scheinbar das Sagen. Selbst ihre Truppen halten Gottes Macht nicht stand.

 

(D) Himmlische Neuigkeiten

Es kommt noch besser. Was bisher geschah, war ohne Worte. Ein Erdbeben, ein leeres Grab. Aber der Himmel bleibt nicht sprachlos. Mit dem Licht kommt ein Bote in hellem Kleid. Er hat majestätisch auf dem weggerollten Stein Platz genommen und spricht die Frauen an: 

Hört! Er ist auferweckt worden – wie er es euch gesagt hat. ER LEBT. Das Grab ist leer. Durch diese Botschaft bekommt das kosmische Beben himmlische Eindeutigkeit.

Hören wir dazu eine Arie aus dem ziemlich unbekannten Oratorium „Die Auferstehung  und Himmelfahrt Jesu“ von GP Telemann. 

Mir gefällt nicht nur der Schwung, sondern auch die Klarheit des Librettos: 

„Ihr klagt vergebens, Jesus lebt, sehet da sein leeres Grab. Sollte, der die Toten auferweckte, sollte der im Grabe bleiben? Soll der Gottheit Sohn zerstäuben? Todesengel, lasset ab!“ 

Eine dynamisch, kraftvolle Antwort auf das Passionslied, das wir eingangs gesungen haben: Gott lässt sich nicht aufhalten auf seinem Weg zu uns Menschen. Auch nicht durch römische Schergen oder korrupte Priester. Mögen wir denken, er sei tot und machtlos, aber er ist es nicht.

Der Bote hat ein klares Mandat: Sagt es weiter, ruft er den Frauen zu: Redet vom Sieg des Lebens über den Tod. Erzählt es, verkündigt es. Übrigens: Das griechische Verb, das hier für verkündigen steht, apangelein, enthält das Wort „angel“, zum Boten/ Engel werden. Werdet anderen zum Engel. Wir können auch übersetzen: „redet laut in der Öffentlichkeit“. Bedenken wir: Dieser Imperativ richtet sich sehr bewusst an die Frauen. Wie unglaublich modern ist das. Von wegen: Die Frau soll schweigen in der Gemeinde. Das Gegenteil ist der Fall. Die Frauen sollen öffentlich bezeugen und damit auch den Männern sagen, wo es lang geht; ihnen und allen anderen ausrichten, dass etwas Unerhörtes, völlig Neues passiert ist.

Wichtig ist mir: Das Grab ist leer. Aber nicht als rätselhaftes Fatum, sondern als starkes Zeichen, das die Botschaft der Auferweckung unterstreicht. Das leere Grab allein wäre zu wenig, aber es ist auch nicht ein harmloses „nice to have“. Mit ihm schließen sich die Indizien des Ostermorgens zu einer schlüssigen Kette. Naturereignisse, leeres Grab und göttliches Wort künden es zusammen.

Die Herzen der beiden Frauen schlagen schneller. In ihnen entsteht ein ganz neues Gefühl. Es verleiht ihnen buchstäblich Flügel. Sie spüren: Wovor sollten wir noch Angst haben? Was soll uns Tod, Schuld, Verzweiflung schrecken? Wenn dieser Jesus lebt, dann sind die Aussichten noch besser, als sie es je vorher waren!

GF Händel hat diese neue Gewissheit in seinem Oratorium Messias in eine höchst eindrückliche Musik gebracht. Wir schauen voraus auf unsere eigene Auferstehung. Händel singt uns den Kern der christlichen Osterbotschaft ins Ohr und ins Herz: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. 

Bis jetzt habe ich euch den Bibeltext als ganzen vorenthalten. Jetzt ist es Zeit dafür!

Matthäus 28,1–10

Jesus ist tot. Der Sabbat ist vorbei. Die neue Woche beginnt.

Maria aus Magdala und die andere Maria gehen los. Sie sehen

nach dem Grab von Jesus.

Plötzlich gibt es ein großes Erdbeben. Denn ein Engel kommt

vom Himmel auf die Erde. Er kommt zum Grab. Aber vor dem

Grab liegt ein großer Stein. Der Engel wälzt den Stein zur Seite.

Er setzte sich auf den Stein. Der Engel sieht aus wie ein Blitz. Die

Kleidung vom Engel ist schneeweiß.

Die Grab-Wächter sehen ihn. Sie erschrecken sehr. Die Wachter sind vor Schreck fast wie tot.

Aber der Engel spricht zu den Frauen: Nur Mut! Ich weiß: Ihr

sucht Jesus. Jesus ist am Kreuz gestorben. Aber jetzt ist er fort. Er ist

auferstanden. So wie er es gesagt hat. Kommt her! Seht den

Platz: Hier hat er gelegen. Und jetzt geht schnell zu den anderen.

Sagt seinen Freunden: Jesus ist auferstanden von den Toten.

Und passt auf: Jesus ist gewiss vor euch in Galilaa. Dort seht ihr

ihn. Denkt daran: Ich habe es euch gesagt.

Die Frauen gehen schnell vom Grab weg. Sie fürchten sich sehr.

Zugleich sind sie sehr froh. Die Frauen beeilen sich. Sie wollen

den Freunden von Jesus die gute Nachricht weitersagen.

Die letzten beide Verse werden in der weiteren Auslegung erzählt…

 

(E) Begegnung mit Jesus 

Der Auftrag des Boten löst Bewegung aus. Ev-angel-ium – gute Botschaft – auch da steckt wieder angel drin - bleibt nicht ohne Resonanz. Die Frauen werden selbst zu Botinnen und… rennen los. Sie lassen sich nicht bitten. Ihre chaotischen Gefühle bekommen eine neue Richtung. Noch ist Furcht da, weil alles so ungeahnt so weltbewegend ist, aber ihre Freude wird bei jedem Schritt immer stärker.  

Aber damit ist die Geschichte nicht zuende: Der Lauf der Frauen nach Jerusalem wird unterbrochen. Ja, das Unglaubliche passiert. Jesus selbst tritt ihnen in den Weg. Und dann:

Sehen sie ihn. Er sieht sie. Hören die Worte, die er spricht – wen überrascht es - deutliche Worte. Xairete. Seid gegrüßt oder auch freut euch. Beide Übersetzungen sind möglich. Mir gefällt das mit der Freude besonders. Es ist ein Gegenprogramm von Trauer und von Angst. Der damit verbundene Auftrag, versteht sich fast von selbst.

Erzählt davon. Geht zu meinen Freundinnen und Freunden. Behaltet diese wunderbare Nachricht ja nicht für euch.

Ich wäre so gern dabei gewesen. Ich kann mir das Herzklopfen vorstellen. Ob sie sich selbst gezwickt und gekniffen haben? „Träume ich? Nein es stimmt. Das ist alles wirklich. Zum Greifen nahe. Und wir sind mittendrin in dieser Geschichte, spielen selbst mit. Ganz wichtige Rollen haben wir. Wir Frauen. Heute morgen noch traurig frustriert, ängstlich. Und jetzt: das glatte Gegenteil. Wir fühlen uns aufgerichtet. Ganz fest.“ 

Wie klingt das? Ich sehe die wachsende Freude und feste Gewissheit in einer englischen Hymne aus dem 18. Jh. wunderbar ausgedrückt.

"Christ der Herr ist auferstanden Hymne"

Wollen wir auch davon erzählen? Die Freude teilen, die Hoffnung, den Mut…. Aufbrechen wie die Frauen?

Ostern ganz neu entdecken und weitersagen, dass Jesus lebt. Ist das schwerer als früher?

 

(F) Die Botschaft der Hoffnung

Die Botschaft war immer schon herausfordernd: analogielos, kaum zu glauben, weltbewegend. Ja, ich kann mir nicht vorstellen, nicht daran zu glauben. Klar: Auch meine Oster-Zuversicht ist an manchen Tagen größer und an manchen Tagen kleiner, aber ich spüre: ohne Ostern stünde mein Glaube, mein ganzes Leben auf wackeligen Füßen. Salopp gesprochen: Dann wäre alles für die Katz…

Mich fasziniert die Botschaft des Matthäus: Ostern beginnt im Morgengrauen, im Dunklen, im Geheimen. Kein Fernsehen ist am Start, keine Social Media-Plattformen schicken Bilder und Posts in die Welt. Dort, wo zwei am Boden zerstörte Menschen, zwei schwache Frauen aufbrechen, ist Gott, da spielt die Musik.  Österliche Hoffnung wird gerade dort wach, wo der Glaube an Gott zerbrochen war. Das lasse ich mir gerne sagen, lasse mich mithineinnehmen in diese Hoffnungsgeschichte, die um die ganze Welt gelaufen ist. Und lade auch euch dazu ein.

Denn wir brauchen Hoffnungsbot:innen und Hoffnungsmusik. Hoffnung, liebe Geschwister, ist kein Gefühl, was wir machen können, genauso wenig wie wir einen Wasserfall an- und abdrehen können. Ihr wohnt ein göttlicher, ein österlicher Funke inne. Sie ist unverfügbar. Und trotzdem kann man von ihr erzählen. Hoffnung weiß noch nicht genau, wie es ausgeht. Sie ist kein blinder Optimismus. Sie ist auch nicht zu verwechseln mit schierer Waghalsigkeit. Hoffnung ist die Kusine der Fantasie und die kleine Schwester der Liebe und des Glaubens. Wer hofft, setzt auf Möglichkeiten, die über das Hier und Jetzt hinausweisen und lässt sich tragen von Liebe und Vertrauen.

Ende August habe ich in Hermannstadt, Siebenbürgen, rumänisch Sibiu, eine große Konferenz besucht. Die evangelischen Kirchen Europas haben sich dort über die Zukunft Gedanken gemacht. Das Motto war Programm: In the light of Christ – we are called to hope. Im Licht Christi zur Hoffnung gerufen, berufen. Zwei Männer sind sich  dort nach Jahre wiederbegegnet. Während des Studiums hatten sie sich kennengelernt und dann aus den Augen verloren. Jetzt ist der eine Pfarrer im russischen St. Petersburg, der andere in der Ukraine, in Odessa. Diese beiden saßen dann auf einem Podium, wo es um ihre verzweifelte Kriegssituation ging und haben zugleich mutmachenden Geschichten vom Leben erzählt. Für mich ein Highlight. Am Ende haben sie miteinander Abendmahl gefeiert und sich umarmt. Die Hoffnung auf Frieden lebt.

Ein Liedruf hat uns dort getragen und inspiriert: wir singen "IN THE LIGHT OF CHRIST"

Schließen möchte ich mit Worten eines anderen. Er ist letztes Jahr von uns gegangen. Mein theologischer Lehrer Jürgen Moltmann hat in jungen Jahren ein Buch geschrieben, dessen Botschaft um die Welt ging: Theologie der Hoffnung, theology of hope. teologia della speranza. Der lebendige, rettende Gott kommt uns in Christus entgegen. War eine zentrale Botschaft. Wie der Auferstandene Maria und Maria und den Jüngern. Manchmal stellt er sich uns in den Weg, irritiert und verstört; manchmal öffnet er uns unerwartete Türen. In seinen letzten Lebenswochen schrieb Moltmann folgende persönlichen Sätze: „Ich nehme die Auferstehung in mein Leben hinein. Ich liebe das Leben, ich feiere das sterbliche Leben. Und im Tod begrüße ich das ewige Leben.“ 

Noch sind wir nicht an diesem Ziel, aber wir stehen mit dem auferstandenen Jesus Christus im Morgen von Ostern und singen vom leeren Grab und verspotten den Tod. Wer tanzen will, kann es gerne tun.

"Wir stehen im Morgen" (freiTöne 95)

Wir stehen im Morgen aus Gott ein Schein, durchblitzt alle Gräber, es bricht ein Schein.

Ein Tanz setzt ein. Halleluja.

 

 

Musik zur Bibelarbeit Hannover am 3. Mai 2025

  • Passionslied: O Traurigkeit, o Herzeleid; O große Not, Gotts Sohn liegt tot (EG 80, 1-2)
    (evtl. Str. 1 vorgesungen von Martina)
  • Musik Mach dich auf, lass alles ruhen (kirchentag H ,17; 2024) POP, zunächst  nur Strophen 1+2, dann Refrain und Strophe 3
  • Gospel: The angel rolled the stone away (3st.), Arr. Jan Meyer 2021 (Traditional)
  • TELEMANN Arie aus Auferstehung und Himmelfahrt (Engel) Solo-Sopran 1759/60
  • Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, Händel, Messiah
  • Christ der Herr, ist heut erstanden (1708): englische Hymne; Arr. Willcocks (*1919)
  • In the light of Christ, we are called to hope (Jochen Arnold für Sibiu 2024), 3stimmiges Arrangement (mit Christ ist erstanden im Tenor)
  • Wir stehen im Morgen (Zink/Hufeisen): freiTöne 95 (mit 2st. Halleluja) 1998

 

 


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